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Zerstörtes wieder zum Leben erwecken

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3D-Rekonstruktionen gewinnbringend nutzen

Das verteilte digitale Bildarchiv Prometheus wird dieses Jahr 15 Jahre alt. Um dieses Jubiläum zu feiern, veranstaltete Prometheus vom 12.-14. Oktober die Tagung „In, über, unter, jenseits und dazwischen – Ebenen digitaler Bilder“ in Köln. An drei Tagen präsentierten Referent/innen verschiedener Disziplinen Vorträge zum übergeordneten Thema der Digitalisierung in Bezug auf Kunst und Kultur und skizzierten daraus resultierende Vorteile, aber auch über Problematiken. Dabei beeindruckte ein Vortrag die Tagungsteilnehmer/innen besonders. Wahrscheinlich auch deshalb, weil der Vortrag mit bewegten Bildern spannend untermalt war. Der Referent Dr. Piotr Kuroczyński stellte nämlich das Forschungsprojekt „Virtuelle Rekonstruktionen in transnationalen Forschungsumgebungen – Das Portal: Schlösser und Parkanlagen im ehemaligen Ostpreußen“ des Herder-Instituts vor, dessen Projektleitung er innehat und welches im Zeitraum 2013-2016 gefördert wurde.

International und interdisziplinär forschen

In dem Forschungsprojekt treffen Architekten, Kunsthistoriker, Historiker und Informatiker aus Russland, Polen und Deutschland aufeinander. Ihr gemeinsames Ziel: Die 3D-Rekonstruktion zweier Barockschlösser in Friedrichstein und Schlodien, welche im ehemaligen Ostpreußen angesiedelt waren. Doch weshalb eigentlich Rekonstruktion? Beide Schlösser sind heute beinahe vollständig zerstört, was dem Krieg und der Aufgabe der Schlösser in der Nachkriegszeit geschuldet ist. Bis auf vereinzelte Wände und Grundmauern ist heute nichts mehr vom einstigen Glanz zu sehen – das kulturelle Erbe ist größtenteils dem Erdboden gleichgemacht. Mit 3D-Rekonstruktionen sollen die Schlösser aber zumindest im Digitalen wiederbelebt werden. Die Wissenschaftler wollen anhand der beiden Schlösser im Rahmen des Projekts exemplarisch erproben, wie Rekonstruktionen von zerstörten bzw. nie realisierten Bauten generell erfolgen und eine anschließende Präsentation und Archivierung aussehen könnte. Sie wollen mit dem Forschungsprojekt den gesamten Prozess und die Nachnutzung einer 3D-Rekonstruktion untersuchen.

Vom virtuellen Lustwandeln und Entdecken

Von den Forschungsergebnissen in Form der virtuellen Rekonstruktionen sollen im Anschluss zwei Zielgruppen profitieren. Zum einen natürlich die Wissenschaft, die auf Grundlage des neuen Anschauungsmaterials weitere Forschungen betreiben und neuen Fragestellungen nachgehen kann. Zum anderen aber vor allem auch die breite Öffentlichkeit, wie Kuroczyński in seinem Vortrag deutlich macht. Seine Visionen dazu präsentiert er in einem kurzen Filmbeitrag. Dort ist das Schloss als 3D-Rekonstruktion in altem Glanz zu sehen. Vögel fliegen umher, Wasserfontänen sprudeln, aus den Schornsteinen steigt gemächlich Rauch empor. Eine andere Filmsequenz zeigt in der Innenansicht Teile der ehemaligen Einrichtung. Tatsächlich soll es Interessierten ab Ende 2016 möglich sein, das Barockschloss in Schlodien unter www.patrimonium.net virtuell zu erkunden. Zur Zeit wird auf Basis der Forschungsergebnisse ein interaktives virtuelles Museum errichtet, in dem die Besucher/innen nicht nur das Barockschloss in seiner unzerstörten Gesamtheit, sondern ebenso die Innenräume und die dazugehörende Inneneinrichtung erleben können. Per „Maus und Pfeiltasten“ durch das Barockschloss zu lustwandeln, ist das erklärte Ziel des virtuellen Museums. So wird das Schloss- und Parkgelände zumindest virtuell  wieder zum Leben erweckt. Ein besonderer Mehrwert wird dabei die Funktion sein, dass der virtuelle Schlossgast zwischen dem zeitgenössischen und historischen Zustand wechseln kann. Auf diese Weise werden die Veränderungen ganz konkret vergegenwärtigt.

Bitte mehr davon!

Dieses Projekt verdeutlicht die Eignung von 3D-Rekonstruktionen sowohl in einem wissenschaftlichen, als auch in einem musealen Kontext. Aspekte wie „Forschen“ und „Vermitteln“, zwei Stichwörter aus den Standards des Deutschen Museumsbunds, kommen hier besonders zu tragen und werden durch 3D-Rekonstruktionen, die virtuell erkundet werden können, in Hinblick auf die Museumsarbeit gleichermaßen bedient. 3D-Rekonstruktionen können daher besonders gut als gewinnbringende Verschränkung zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit fungieren und sollten deshalb häufiger in einem musealen Kontext genutzt werden. Wie Kuroczyński in seinem Vortrag manifestiert, steht eine funktionierende Technologie noch am Anfang, aber die Pionierarbeit von seinem Team und ihm lässt Großartiges erhoffen. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass 3D-Rekonstruktionen auf beeindruckende Art und Weise einen plastischen Sachverhalt veranschaulichen können, der nicht mehr existent ist. Ein besonderes Erlebnis für den Rezipient/in wird es, sobald sie oder er sich selbst in einem Raum bewegen kann und so Grenzen zwischen Fiktion und Realität verblassen. Deshalb mein Wunsch für die Zukunft: Bitte mehr davon!

Verfasserin dieses Beitrags

Redaktion

Carolin Ayasse

Redaktion

Der Beitrag Zerstörtes wieder zum Leben erwecken erschien zuerst auf Pausanio GmbH & Co.KG.


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